Mastodon, Fosstodon und matrix.org

Die sogenannten sozialen Medien, die nachweislich ausschließlich asozial agieren, habe ich nie leiden und nutzen wollen. Vor allem sind sie ungeeignet um intelligente Informationen zu verbreiten, denn die Wahrheit umfasst stets mehr als 500 Zeichen.

Es gab zwar immer schon Open-Source Alternativen auf denen sich die wenigen vernünftigen Techniker herumtrieben, doch Beachtung genossen sie nie.
… bis Elon Musk seine Überheblichkeit öffentlich zur Schau stellte.


Irgendwie beweist sich gerade wieder von selbst, dass Techniker nichts in Wirtschaft und Politik verloren haben und umgekehrt Wirtschaftler und Politiker in der Technik nicht zu Hause sind.

Elon Musk, der (ähnlich zu einem Steve Jobs) in der Technik viele wichtige Innovationen “ertrotzt” hatte, fährt gerade sein frisch eingekauftes Twitter mit reiner Egomanie an die Wand.
Und das gute daran ist, dass durch das Zerbrechen dieses üblen zentralen Zeit-Totschlägers andere weniger schädliche Anbieter ins Rampenlicht kommen.

Mastodon

Seit Jahren wird Mastodon als Open-Source Alternative zu Twitter genannt.
Der größte Vorteil des Systems ist sein “föderierter” Ansatz.
Es gibt nicht “einen” zentralen Server, auf dem sich alle Nutzer tummeln, sondern jeder, der Willens ist, kann seinen eigenen Server aufstellen.
Damit jetzt nicht lauter kleine Inselstaaten entstehen, schließen sich die Server zu einer “Föderation” zusammen, womit jeder im weltweiten Mastodon Netz “suchen”, “folgen” und “teilen” kann.

Richten sich Rechtsradikale, Bombenbauer oder Kinderpornohändler ebenfalls einen solchen Server ein, so kann man das nicht verhindern, doch “die Föderation” kann solche Server ausschließen, womit ihre Inhalte isoliert bleiben und keinen Schaden weltweit verbreiten.

Ich wage jetzt mal den zaghaften Vergleich mit den Inhalten (nicht der Architektur!) von Wikipedia. Dort kann auch jeder Artikel schreiben, doch deren Qualität entscheidet am Ende, ob sie öffentlich bestehen bleiben.

Fosstodon und ich

Das größte Problem bei Mastodon ist, dass man sich jetzt irgend einen Server aussuchen muss, der einem die Mastodon Welt eröffnet und das ist sicher für viele schwierig. Es macht Sinn, sich einen Server mit “Gleichgesinnten” zu suchen, denn von dort wird man mehr relevante “lokale” Infos erhalten.

Bei mir war die Sache vor eineinhalb Jahren einfach: Ich wollte mehr über die Pine64 -Geräte erfahren und deren Community publiziert auf fosstodon.org, wo sich viele Open Source Projekte herumtreiben. Also war klar, dass ich meinen Account dort anlege.

So erhielt ich dann etwa wöchentlich von einigen Community-Accounts Infos zu neuen Releases. Auch Privatpersonen posteten “twitter-like” ihre Tagesmeinung, doch das hielt sich im Verhältnis zu anderen Plapperblasen im Netz sehr in Grenzen.

Seit dem Twitter-Chaos ist die Anzahl der Nutzer und damit das Rauschen und Gerede wesentlich lauter geworden. Mich interessiert das grundsätzlich wenig, doch es hatte auch etwas Positives:
Projekte wie FreeDOS und weitere kamen auch zu fosstodon und veröffentlichten ihre News und so erfuhr ich wieder von neuen Projekten, die ansonsten an mir vorbeigegangen wären.

Es ist also eine Frage des Filterns. 80% der neuen Beiträge sind Geschwafel, doch zwischendurch findet man immer wieder mal Perlen. Und dadurch, dass sich die Vollzeit-Egomanen auf anderen Mastodon-Servern herumtreiben, wo ich sie nicht ständig sehen muss, ist diese “Twitter-Alternative” tatsächlich sogar für mich interessant geworden.

matrix.org

Die Ewig-Gestrigen nutzen den Facebook Messenger, Firmen starten Microsoft Teams, die Möchtegern-Startup-Klugscheißer installieren Slack, die Gamer nerven sich auf Discord … und was sollen Open Source Enthusiasten nehmen?

Ich nenne jetzt mal Matrix, was eher ein Protokollstandard, als ein “Anbieter” ist, doch die Referenzimplementierung auf matrix.org stellt einen freien kostenlosen Kommunikationsdienst bereit, der bereits von vielen Projekten aktiv genutzt wird.

Ich sehe es als eine moderne Alternative zu den früheren Newsgroups und IRC-Chats, die bis Anfang der 2000er verbreitet waren und danach versandeten.

Auch hier kann jeder selbst einen Server aufsetzen und dann mit anderen föderierten Servern in Kommunikation treten. Nutzen kann man die Chat-, Audio- und Videokonferenz-Dienste direkt im Webbrowser, doch mit Apps wie Element erhält man am Smartphone wie auch am Desktop eine angepasstere Oberfläche, die die Produktivität erhöht.

Würde ich also mal einen Live-Support-Channel für irgendetwas aufsetzen wollen, wäre die Einrichtung eines eigenen Channels auf “matrix.org” oder auf einem anderen Server meine Wahl.

Ein kleines Problemchen sind die “kleinen” Server, die von Privatpersonen eingerichtet werden, und manchmal nach einem Jahr wieder verschwinden. Hier empfiehlt sich dann doch ein größerer Server, hinter dem eine Organisation steht, die nicht morgen gleich wieder verschwindet.

Fazit

Das Fedi-verse löst hoffentlich mehr und mehr die fauligen Moloche wie Facebook, Twitter und Instagram ab.

Man kann leider nicht ausschließen, dass auch in föderierten Netzen die Server “verderben” und abgeschaltet werden, doch dank des Protokollaufbaus, gibt es zumindest die Möglichkeit auf andere Server umzuziehen.
Bei kommerziellen Anbietern wird man garantiert keinen Umzugsdienst auf eine Konkurrenzplattform finden und ist auf Gedeih und Verderb an einen Betreiber gebunden.

Und noch etwas zeichnet die “neu-entdeckten” Alternativen aus: Sie wollen uns nicht (so intensiv) das Geld aus der Tasche ziehen. Soll heißen, Werbung sieht man dort noch nicht. Ob das für immer so bleiben wird, steht in den Sternen, aber aktuell bin ich von den Alternativen positiv beeindruckt.

Mal sehen, ob ich auch mal einen selbstgeschriebenen HTTP Request dort hin abschicke…

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Wenn sich eine triviale Erkenntnis mit Dummheit in der Interpretation paart, dann gibt es in der Regel Kollateralschäden in der Anwendung.
frei zitiert nach A. Van der Bellen
... also dann paaren wir mal eine komplexe Erkenntnis mit Klugheit in der Interpretation!