Intrigen im Kindergarten
« | 29 Oct 2022 | »Jeden Tag wird die Welt ein bisschen mehr zerstört, weil machtgetriebene Personen glauben auf irgend einen Vorfall mit Gewalt reagieren zu müssen.
Meiner Beobachtung nach beginnt diese Egomanie aber nicht erst im politischen Leben, nein sie startet bereits unter 10- bis 15-jährigen Kindern.
Heutiges Thema: Der Ursprung von Hass am Beispiel Minecraft
Wenn ich mir Filme, Serien oder Diskussionsaufzeichnungen ansehe, brauche ich
eine Nebenbeschäftigung, also “was für die Hände”.
Es wäre vermutlich sinnvoller sich ein paar Socken zu stricken, doch ich
werfe einfach den Minecraft Client an, weil man da so schön hirnlos
herum springen kann, während man der Handlung folgt.
Doch wenn man mit einem Onlineserver verbunden ist, bekommt man gelegentlich die Chat-Nachrichten anderer Spieler mit. Diese ignoriere ich zwar meistens, doch manchmal passiert es dann doch, dass “das Drama der Kids” meine Aufmerksamkeit abzieht.
Ego-Kapitalismus
Ich persönlich erfreue mich in Minecraft an “Bauwerken”, wenn jemand zeigen kann, dass er aus den Blöcken etwas Schönes oder Funktionales hochziehen kann.
Doch die MC-Online-Communities funktionieren anders und zielen auf das
Geltungsbedürfnis von Jugendlichen ab.
Man soll Spiel-internes Geld verdienen und soll:
- sich täglich einloggen um Login-Coins zu erhalten.
- möglichst schnell an Ressourcen kommen, die man zu Geld machen kann
- Blöcke mit anderen gegen Coins handeln.
Hat man dann eine gewisse Summe beisammen, kann man sich einen “Rang” kaufen
und damit angeben, und sich besser fühlen.
Und unser minderjähriger Nachwuchs treibt dieses Spiel bis zum Exzess.
“Verbrechen ist ein Weg” …
… meinte einmal Christoph Walz, als er zu den hohen Preisen in London befragt wurde. In Minecraft ist das Praxis.
“Gute Spieler” schaffen es besonders schnell Neulinge zu übertölpeln, bieten sich als “Freunde” an, und rauben dann deren Schätze, sobald sie von denen Rechte erhalten haben, auf ihre Grundstücke zu gelangen.
Dass auch noch einige Server das Wort “Griefer” im Namen tragen und damit schon darauf hinweisen: “Wir wollen, dass Böswilligkeit ausgelebt wird.”, bestätigt leider, wie destruktiv dieses Spiel gespielt werden kann.
Ich möchte aber nicht wissen, was das im Gehirn eines Kindes anrichten kann. Schließlich trainiert man hiermit die zukünftigen Betrüger zur Perfektion.
Parallelgesellschaften
Ganz besonders witzig bzw. lächerlich finde ich es, wenn sich die Kids zusammenrotten und großtrabend eine neue Gesellschaft gründen wollen. Das fängt dann mit zwei Personen an, die eine “Base” oder eine “Stadt” bauen wollen und erst einmal viel Zeit in ihr Projekt investieren.
Doch dann will man es “herzeigen” und dafür gelobt werden und schon kommt das “Angebot” im öffentlichen Chat:
- Willst du mal unsere Stadt sehen?
- Du kannst gerne mitmachen und hier einziehen.
- Du musst dich aber an einige Regeln halten.
Binnen einiger Tage werden dann aus 2 Personen 6 bis 10.
Für einige weitere Tage wird dann fleißig gebaut, bis jeder sein Haus
fertig hat und ein gemeinsames Monument entstanden ist.
An dieser Stelle wird es dann oft politisch. Jetzt soll einer die Führung übernehmen, ein “Bürgermeister” wird gewählt, der bei Meinungsverschiedenheiten das letzte Wort hat.
Hier beginnt dann der Streit, denn es gibt immer irgend jemanden, der dann, wenn alle offline sind, einsteigt und “etwas dreht”. Am Morgen kommen alle zum Ort des Verbrechens und beschuldigen sich gegenseitig. … und dann fängt der Kinofilm an.
Es wird beschuldigt, beleidigt und geweint, als ginge es um Leben und Tod, bis dann alle anfangen, die Bauwerke ihrer Nachbarn mutwillig zu zerstören, worauf am Ende eine Ruine zurückbleibt, 60% den Server verlassen und wo anders anfangen und der Rest sich einen neuen Baugrund sucht.
Und dieses Aggressionsspiel wiederholt sich in Minecraft auf dutzenden Servern jedes Monat von Neuem.
Fazit
Was für ein Glück, dass ich nicht auf solche “Online-Freunde” angewiesen bin, und als stiller Beobachter meine Schlüsse ziehen kann.
Ich lerne allerdings, dass Kinder ein ganz intensives Verlangen nach dem
Spiel mit anderen haben und gleichzeitig unfähig sind, irgend etwas daraus
zu lernen.
Schließlich beobachte ich solche Zusammenrottungen und Zerfallsprozesse schon
seit einem Jahr und sie wiederholen sich von den gleichen Spielern im
Monatstakt.
Ich frage mich, was diese Erfahrung in den Köpfen der nächsten Generation anrichtet, denn wenn sie das ernst nehmen, was sie da an Beleidigungen schreiben, verheißt das nichts Gutes … und wenn es ihnen sowieso egal ist, ist das genau so schlimm.
Für mich persönlich war Minecraft immer ein “konstruktives Spiel”, in dem man etwas aufbaut. Doch wenn ich anderen dabei zusehe, wie sie damit nur ihre Messer wetzen, muss ich diese Meinung zu meinem Bedauern revidieren.