Von Double- zu Drivespace

Mit den damaligen Festplattengrößen von 40 - 200 MB war neben einer Windows Installation kaum noch Platz für weitere Software.

Doch ab MS-DOS 6 hatte Microsoft mit “Doublespace” eine Lösung integriert um scheinbar den freien Speicherplatz zu verdoppeln. Wenig später folgte das verbesserte Drivespace und unter Windows 95 fing das ganze wieder von vorne an …


Die ursprüngliche “geniale” Erfindung gelang einer anderen Softwareschmiede, die das Tool Stacker auf den Markt brachte.
Mit diesem Programm bin ich nie in Berührung bekommen, doch Microsofts Nachbau in DOS war mir dafür bestens bekannt und es arbeitete nach dem gleichen Prinzip.

Es wurde auf dem “echten” Laufwerk eine Datei angelegt, in der ein virtuelles Dateisystem untergebracht war, das jedoch alle Daten komprimiert ablegte. Bei der Umstellung wurden dann alle Dateien des originalen Dateisystems auf das virtuelle komprimiert gespeichert, womit real weniger Speicherplatz notwendig war.

Das originale Laufwerk C: wurde nach der Kompression standardgemäß als H: eingebunden und beinhaltete nur die DOS-Startdateien, während C: nun den Inhalt der virtuellen komprimierten Datenträgerdatei zur Verfügung stellte.

Das Versprechen, dass sich der freie Speicherplatz so verdoppelte, war bestenfalls eine Hoffnung, denn hatte man Bilder oder reine Programme auf der Platte, lag der freie Speicherplatzgewinn gefühlt nur zwischen 20 und 30%. Reine Textdateien (zB. Quellcodes) konnten aber sehr gut komprimiert werden und so konnten auch 70% erreicht werden.

Das Resultat waren übelst schwankende Anzeigen des “frei-erfundenen” freien Speicherplatzes.

DOS 6: Doublespace

DOS 6.0 enthielt mit dblspace.exe das Verwaltungsprogramm, dass ein reales Laufwerk komprimieren konnte oder auch wieder von einem virtuellen Speicher in die reale Welt dekomprimieren konnte.
Der eigentliche Support für komprimierte Laufwerksdateien war im DOS selbst enthalten.

DOS dblspace 1

Im Endeffekt startete man das Programm, akzeptierte die anstehende Veränderung und schon lief der Transfer aller Dateien in die neue Datenträgerdatei.

DOS dblspace 2

Nach einem Reboot sah alles aus wie zuvor, doch das neue Laufwerk H: zeigte uns, dass die versteckte Datei dblspace.000 den Großteil des Platzes des Host-Laufwerks belegte.

DOS dblspace 3

DOS 6.22: Drivespace

Microsoft benannte in den letzten DOS 6.x Varianten das Tool zu “Drivespace” um, womit auch das Program den Namen drvspace.exe erhielt. Ob es da gröbere Unterschiede bei der Kompression gab, habe ich damals nicht ausgetestet.

Jedenfalls sah die Kompressionsprozedur genau so aus, wie bei der früheren Variante … nur eben mit dem neuen Namen “Drivespace”

DOS drvspace 1

Hier zeigte sich, dass auch der Dateiname auf drvspace.000 umbenannt wurde.

DOS drvspace 2

Windows 95: Drivespace mit Doublespace-Dateien

Windows 95 brachte eine anschauliche grafische Oberfläche für die Kompressionsfunktion mit.

Win95 drvspace 01

Man startete also die Kompression nun per Fenster und konnte sich durch ein paar Optionen durchklicken.

Win95 drvspace 02

Doch da im 32-Bit Modus das Bootlaufwerk nicht frei umgestaltet werden konnte, wurde automatisch neu gestartet und plötzlich landete man …
wieder in Windows 3.11.

Microsoft kopierte (so wie auch beim Win95 Setup) eine Minimalvariante des Vorgängersystems auf die Platte und startete darin die nötigen Tools zur Konvertierung.

Win95 drvspace 03

Das bedeutete, dass sämtliche Tools im Win-16 Format vorliegen.

Selbst eine 16-bit Festplattendefragmentierung ist vorhanden, die nach der Kompression automatisch anläuft.
(Das Tool hätte ich gerne auch im echten Win 3.x dabei gehabt).

Win95 drvspace 04

Win95 drvspace 05

Win95 drvspace 06

Nach einem finalen Reboot landete man wieder im gewohnten Win95 System und konnte sich an einigen Einstellungen im Drivespace Tool erfreuen, um z.B. den freien Speicherplatz zwischen Host und virtuellen Laufwerk neu festlegen zu können.

Win95 drvspace 07

Echt interessant ist, dass obwohl das Tool hier “Drivespace” hieß, wieder der alte Dateiname dblspace im Dateisystem herhalten musste.

Auf dem H: Laufwerk fand man nun auch die versteckten Ordner mit dem Mini-Windows. Weitere Eingriffe (z.B. Dekompression) führten ebenfalls zu einem Neustart, wo dann der 16-Bit Code die eigentlichen Arbeiten übernahm.

Win95 drvspace 08

Windows 95 Plus!: Drivespace 3.

Das Windows 95 Plus! Pack ist eine Zusatzsoftware von Microsoft, welche Windows mit neuen Designs und weiteren Tools ausstattete. Darunter war auch ein Upgrade für Drivespace, genannt “Drivespace 3”.

Win95 Plus Pack

Nach der Installation des Feature-Upgrades konnte man das ältere virtuelle Laufwerk auf neue und bessere Formate umstellen lassen.

Win95 drvspace 09

Dabei wurden ein stärkere Kompression und der Support für größere Laufwerke angeboten.

Win95 drvspace 10

Es fand dann wieder ein Boot ins Mini-Windows statt, welches die Festplatte nochmals umackerte.

Win95 drvspace 11

Und am Ende waren ein paar weitere Optionen auswählbar:

Win95 drvspace 12

Hier konnte man die neuere “HiPack” Kompression aktivieren, doch dafür wurde mindestens ein Pentium PC empfohlen, während bei älteren 486er Prozessoren dieses Format als zu CPU-intensiv beschrieben wurde.

Win95 drvspace 13

Windows 98 und später

Drivespace wurde auf FAT32 Laufwerken nicht mehr unterstützt und dank der schnell wachsenden immer billiger werdenden Speicher, wurde dieses Feature unnötig.
Windows 98 hatte noch Support dafür integriert, doch da Windows NT eine ganze andere auf NTFS Ebene laufende Kompression integriert hatte, starb Drivespace mit dem Wechsel zu Windows 2000 und Windows XP aus.

Fazit

Aus heutiger Sicht erscheint Kompression auf dieser Ebene unnötig und auch kritisch, denn bei Datenträgerschäden ist unter Umständen das ganze Laufwerk nicht mehr lesbar und sein Inhalt verloren.

Interessant ist aber, dass erst mit Windows Vista bzw. 7 eine ganz ähnliche Technik wieder in Windows Einzug erhalten hat. Denn WIM-Dateien sind ebenso virtuelle Datenträger Dateien, die vom OS native auch zum Booten unterstütz werden können.

Windows PE funktioniert generell so, dass die komprimierte boot.wim als virtuelle Laufwerk X: geladen wird, wo alle anderen Windows-Systemdateien enthalten sind.

Ich muss auch zugeben, dass Double/Drivespace für mich einen Klugscheißer Vorteil bot, denn damit konnte ich “magisch” Speicherplatz verdoppeln und bei Verwandten bis hin zu Lehrern Eindruck schinden, die sich so eine Funktion nicht vorstellen konnten.

Tja… wieder so eine schöne Erinnerung an damals … als alles noch viel besser war.
Nur der freie Speicherplatz, der war auch trotz Kompression immer zu wenig.

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Wenn sich eine triviale Erkenntnis mit Dummheit in der Interpretation paart, dann gibt es in der Regel Kollateralschäden in der Anwendung.
frei zitiert nach A. Van der Bellen
... also dann paaren wir mal eine komplexe Erkenntnis mit Klugheit in der Interpretation!