Meine alten Bücher
« | 15 Dec 2019 | »Aristoteles, Empedokles, Aeneas, Parmenides.
Und Nikomachos, Diogenes,Antiochos, Maimonides!
Schon beim Riechen, spür’n wir die Weisheit der Griechen.
Mark Aurel und Augustinus. Tacitus, Tibull, und Plato.
Peregrinus und Taquinus. Caesar, Cicero und Cato.
Schon beim Tasten wird man zum Enthusiasten!
So beginnt im Musical Tanz der Vampire Professor Abronsius’ Lobhymne auf die große Bibliothek des Grafen Krolock.
Gemessen an den vielen Dingen, die ich aus Büchern lernen durfte bzw. musste, sollte auch ich ein solches Lied anstimmen …
Jungs und Mädls “von heute” können natürlich nicht wissen, dass “wir” vor dem Jahr 2000 kein Google (oder duckduckgo.com) hatten.
Wissen und auch die Kunst des Programmierens lernten wir damals aus
zusammengebundenen Papierblättern, auch bekannt als “Bücher”.
Das waren die Vorläufer der PDFs
und E-Books, die wenn sie einmal
“gedruckt” waren, energie-autark und systemunabhängig benutzbar waren.
Sie wurden per Touchkommandos benutzt, primär durch geziehltes “Wischen”
an der Kante um von einer zur anderen Seite umzublättern.
… OK, Spaß bei Seite.
Meine “ältesten” Bücher zur Programmierung waren aber nicht meine ersten.
Sie behandelten BASIC auf
MSX und C64,
sowie Assembler auf dem Z80,
doch diese erwarb ich erst so um das Jahr 2000 beim Abverkauf im Bücherladen.
Bei mir begann die Programmiergeschichte ja mit
QBasic, und das lernte ich Mitte der
90er eigentlich hoch-modern “online”, aber nicht “internet-online”
sondern am “eingeschalteten PC” über die eingebaute Befehlshilfe.
Doch fehlte es dort an einer vernünftigen Lektüre für Datenstrukturen
oder wie man BASIC-Befehlen strukturiert umgeht.
Dementsprechend sahen auch meine Programme aus … aus heutiger Sicht
unerträglich.
Visual Basic
Mit dem Kauf von Visual Basic 4.0
lieferte Microsoft auch gleich 3 fette Wälzer mit, von denen ich zumindest 2
(teilweise mehrfach) durchgelesen hatte. Das Buch “Sprachverzeichnis” war
bitter notwendig, weil IntelliSense
noch nicht erfunden war und man selbst wissen musste, wie alle Funktionen
und Objektmethoden hießen.
Lehrreicher war jedoch das “Programmierhandbuch”, denn dort wurden Konzepte und Funktionsweisen erklärt, sodass auch ein Neuling wie ich verstehen konnte, was Objektinstanzen und indizierte Datenfelder sind.
Das 3. Buch behandelte Datenbanken und COM … doch die dort benutzten Begriffe verstand ich nicht und ließ es bleiben.
Nachtrag: Meine alten VB4 Setup Disketten funktionieren sogar noch. Allerdings sehen sie nach über 23 Jahren schon sehr mitgenommen aus.
Zwar bin ich meiner Schule dankbar, dass ich sie von dort bekommen habe, allerdings war damals schon VB5 am Übernehmen, als sie in meinem Besitz übergingen, womit ich (wie so oft) mit Altlasten statt mit Innovationen arbeitete.
Pascal
Parallel dazu schenkte mir ein Bekannter eines Nachbarn seine
Pascal Bücher,
die er in seiner Studienzeit genutzt hatte. Sie stammten wohl aus den 80er
Jahren und waren aus meiner Sicht extrem “mathematisch” aufgebaut.
Vieles über “Zeiger” und “verkettete Listen” verstand ich ganz und gar nicht,
doch bleiben einige Begriffe und Konzepte wie “Rekursionen” und “Schleifen”
in meinem Kopf hängen.
C++
Im Jahr 2000 kam ich tatsächlich schon auf die Idee C++
lernen zu wollen und schaffte hierzu einen dicken Schmöcker an, der mich
allerdings schon im ersten Kapitel so überforderte, dass ich das Buch ins
Regal stellte und für viele Jahre dort verstauben ließ.
Das war vermutlich der aller größte Fehler meines Lebens, denn wie weit
könnte ich heute sein, hätte ich diese Jahre gleich “beim Meister” gelernt.
Java und ASP
Weiter ging es 2002 und 2003. Da standen das Internet,
Java,
PHP und ASP
auf dem Programm.
Aus heutiger Sicht ist es schon witzig, dass jedes beliebige Tutorial im
Internet gleich gut oder besser aufgebaut ist, als diese “professionellen”
Bücher es damals waren. Doch trotz der steigenden Verbreitung der digitalen
Online-Informationen, waren damals Bücher immer noch die besseren,
vollständigeren und strukturierteren Datenquellen.
Besonders in deutscher Sprache gab es nur wenige Webseiten, die Anfängern ein gutes Lernmaterial boten … doch das sollte sich ändern.
Ich glaube so ab dem Jahr 2004/2005 war es dann für mich mit dem Buchzeitalter
endgültig vorbei. Selbiges kann man auch von Zeitschriften und ähnlichem
sagen. Denn ab dieser Zeit war das Internet bereits wesentlich schneller in
der Verbreitung von neuem Wissen in der eigenen Landessprache. Wer auf Bücher
wartete, die immer erst 1 bis 2 Jahre später erschienen, blieb de facto auf
veraltetem Wissen sitzen.
Oder es gab überhaupt keine auf Papier gedruckten Informationen zu einer
neuen Programmiersprache oder Technologie mehr.
Und als ich in den Jahren 2006/2007 endlich zu C++ wechselte um beruflich als Entwickler zu arbeiten, waren mein praktisches Wissen und Englischvokabular ausgeprägt genug, um Fachartikel direkt aus dem Internet herauszupicken.
Heute …
Heute habe ich mein Bücherregal (das eher ein DVD-Regal ist) etwas entstaubt und dabei meinen alten Lesestoff “von vor 20 Jahren” wieder gefunden.
Ich würde gerne behaupten:
Pah! Das habe ich doch gar nicht gebraucht. Ich habe ohnehin alles selbst herausgefunden.
Doch das stimmt nicht. Jedes Buch, egal zu welcher Programmiersprache, hat mir irgend etwas neues über den Aufbau von Funktionen oder Algorithmen beigebracht, was ich aus dem reinen Lesen von fremden Quellcodes wohl übersehen oder nicht verstanden hätte.
Und auch wenn klassische Bücher im 21. Jahrhundert wohl nach 500 Jahren als Grundsicherung der Wissensvermittlung abgeschafft werden, so werden dennoch ihre Nachfolger als digitale Literatur mit ähnlichem Aufbau diese wichtige Funktion in die Zukunft weitertragen.
Anmerkung:
Etwas haben gedruckte Bücher den Bits und Bytes voraus:
Bei guter Lagerung können Papierbücher Jahrhunderte, wenn nicht sogar
Jahrtausende überdauern.
… doch wer kann heute noch ein
Word 2.0
Dokument auf seinem PC oder Tablet öffnen?
Tja, Formate und Kompatibilität sind die Archillesferse
unserer modernen Gesellschaft. Denn was heute modern ist, gilt morgen als
vergessen, und so besteht die Möglichkeit, dass gerade in der digitalen
Epoche Wissen wegen seiner proprietären Speicherung verloren geht.
Die Gutenberg Bibel
hingegen hat Word 2.0 Dokumente auf jeden Fall schon überlebt … mal sehen
was sie sonst noch alles entstehen und untergehen sehen wird.
Die am Anfang erwähnte Musical-Szene endet jedenfalls mit folgenden Worten:
Millionen Bücher blieben
Von den Menschen die mal waren
Hätten sie’s nicht aufgeschrieben
Könnten wir es nicht bewahren
Eine Welt von Ignoranten
Würde nichts davon erfahren
Alle Bücher sind Garanten
Für den Fortschritt und für menschliche KulturNa, hast du dir das gemerkt, mein Junge?