Retro-Watch - Uhrenvergleich

In der Jugend waren mir Armbanduhren zunehmend verhasst. Das lag aber in erster Linie an einem Neurodermitis Leiden, welches aber im Laufe der Zeit mehr und mehr in den Hintergrund getreten ist.

Und seit ab dem Jahr 2000 die de-facto Handy-Pflicht für alle eingeführt wurde, trug ich meinen somit neuen computerisierten Chronometer immer in der Hosentasche herum.

Erst seit den letzten Monaten prangt nun wieder ein digitalisierter Armreif um mein Handgelenk, auf dem man auch die Zeit ablesen kann…


Und seit heute darf zu besonderen Anlässen mein Bastelneuzugang ebenso an den Arm geschnallt werden:
Eine Do-It-Yourself LED Digital Watch

Retro-Watch

Für mich ist es ja immer wieder faszinierend, wie Technik, die vor 30 Jahren noch ultra-modern war, heute mit ein paar Chips selbst zu Hause zusammengelötet werden kann und eigentlich derart gegen aktuelle Produkte “abstinkt”, dass man Angst bekommt, wie schnell die Technik fortschreitet.

Denn heutige Armbanduhren haben schon lange nicht mehr nur die Aufgabe die Zeit anzuzeigen, genau so wenig wie Mobiltelefone nicht mehr primär zum Telefonieren da sind.

Schrittzähler, Herzschlag-, Blutdruck und Trinkerinnerung sind heute neben Social-Media Kurzinfo, E-Mail-Abfrage und Terminerinnerung ein minimalistisches Funktionsbasispaket, welches dann durch Tauchfunktionen, GPS- und Kompassanzeige und zahlreiche anderen Erweiterungen bei Luxusmodellen ergänzt wird.

Das “Sprechen” mit der Armbanduhr ist meiner Erfahrung nach heute kein besonderes Thema, womit David Hasselhoff in der klassischen Serie Knight Rider wohl der einzige Mann bleiben wird, der so mit seinem Auto reden konnte.

Wozu auch, hat doch heute jeder dritte sein Bluetooth-Headset fix im Ohr verankert und führt im Supermarkt scheinbar Selbstgespräche bei der Wahl des besten Joghurts, obwohl er in Wahrheit seinen Beitrag in einem Online-Firmenmeeting einbringt.


Ich persönlich bin etwas zerrissen zwischen technischer Neugier auf der einen Seite und dezenter Anwiderung über unseren modernen Zwang, jeden Körperteil vernetzen zu wollen.

Das einzig spannende an meiner Billig-Smartwatch ist, nach dem Aufwachen meinen Blutdruck zu messen um dann sagen zu können:

Ah, eh so niedrig wie immer.

Und inzwischen drücke ich tatsächlich wieder aufs Armgelenk um zu wissen, wie spät es ist, anstatt in die Hosentasche zu fahren um das Smartphone nur wegen der Uhrzeit zu zücken.
Alle anderen Vibrations-Stör-Funktionen sind und bleiben abgeschaltet.

Doch es nervt mich auch etwas, dass die “coole” Smartwatch mit ihrer Bluetoothstrahlung ebenso wie die Smartphones alle paar Tage an den USB-Port zum Aufladen angeschlossen werden müssen.

Herr Gott, wie schön war es früher mit einer einzigen Batterie ein halbes Jahr lang Ruhe am Handgelenk zu haben!

Deshalb bin ich jetzt sehr gespannt, wie lange die DIY Watch mit ihrer 3 Volt Lithium Zelle überlebt.
Die LED-Zeitanzeige verbraucht vermutlich um einiges mehr an Strom, als das früher auf unbeleuchteten Displays der Fall war.
Doch zum Glück wird die Zeit nur auf Knopfdruck für ein paar Sekunden angezeigt, womit im Schlummerzustand hoffentlich nur wenige Mikroampere zur Sekundenzählung verbraten werden.

Zumindest in Sachen Stromverbrauch kann ich eines wieder mit gutem Gewissen sagen:

Früher war alles besser!

Und wie Harald Lesch sagen würde:

Und, hat Sie Ihr digitaler Diktator schon daran erinnert, dass Sie noch eine Runde um dem Block laufen müssen um Ihren Schritte-Sollwert zu erreichen?


Nachtrag:
Naja, nach ein paar Wochen ist die Batterie des DIY-Uhr leer. Also auch keine besondere Glanzleistung im Vergleich zu früher.

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Wenn sich eine triviale Erkenntnis mit Dummheit in der Interpretation paart, dann gibt es in der Regel Kollateralschäden in der Anwendung.
frei zitiert nach A. Van der Bellen
... also dann paaren wir mal eine komplexe Erkenntnis mit Klugheit in der Interpretation!