Mein alter Cyrix-Pentium

Wir befinden uns etwas vor dem Jahr 2000.

Wer kann sich noch daran erinnern, was Pentium-Rating, kurz PR war?

Und bevor auch ich es vergesse, schreib’ ich es mal auf …


Am Wochenende fiel mir am Zweitwohnsitz wieder mein alter Desktop-PC in die Hände. Ein typischer Mini-Tower, wie man ihn früher häufig sah.
Und dann fielen mir auch wieder die Abenteuer mit diesem etwas speziellen Gerät ein.
PC-Front

Ich war immer schon ein paar Jahre hinterher. Früher war der Grund, dass ich nie genug Geld für “neue” Hardware hatte, und heute, ja heute ist es mir teilweise egal… (Schließlich läuft “meine” Software bereits ideal.)

Während die Welt den Pentium 2 etablierte, bekam ich meinen ersten Pentium 1 im Abverkauf.
Billig war eben wichtig.
Also erstand ich einen Pentium I-200, also einen Pentium der ersten Generation mit 200 MHz.

Naja, stimmt nicht ganz, denn ein “Pentium” musste von Intel stammen, mein Gerät hatte aber einen Cyrix Prozessor verbaut.
Und Cyrix war eine Chip-Schmiede ohne Schmiede, die ihre Produkte von anderen Herstellern bauen ließ, oder von diesen zeitweise aufgekauft wurde.

Intel-Nachbauer wie AMD und Cyrix führten das sogenannte Pentium-Rating ein um den Markt in folgender Weise zu beschummeln:

Sie behaupteten, dass ihre Chips bei gleicher Taktfrequenz mehr Leistung boten, als entsprechende Intel-Fabrikate. Und da es marktverzerrend sei, ihre besseren Produkte “nur” durch die Taktfrequenz mit der Konkurrenz zu vergleichen, schuf man:
das Pentium-Rating.

Man behauptete also, dass eine AMD oder Cyrix CPU mit 100 MHz die gleiche Leistung bieten könne, wie ein Intel Pentium mit 133 MHz. Und so wurde die 100 MHz CPU als PR-133 vermarktet.

Und ich hatte einen Cyrix PR-200 … doch wie schnell war die CPU wirklich. Das konnte ich so genau gar nicht herausfinden, denn die wenigen Tools, die ich damals von diversen Heft-CDs zur Verfügung hatte, brachten nur Vergleichswerte für bestimmte Aufgaben mit bestehenden CPUs.
Und da kamen sehr konfuse Werte heraus.

Cyrix Prozessoren waren dafür bekannt, dass sie recht gut bei der Integer-Arithmetik waren aber dafür grottenschlecht bei Fließkommarechnungen. Also gut für Office-Anwendungen und schlecht für Spiele.

Das kam dann auch in etwas so raus, also Integer-Rechnungen waren so schnell wie auf einem Intel Pentium 200, aber bei Fließkomma-Aufgaben war es “gefühlt” schlechter, als bei einem Freund, der einen Pentium 133 hatte … also richtig schlimm.

Und außerdem konnte ich selbst mit ein paar Programmen feststellen, dass Grafikoperationen auf dem System “langsamer” wirkten, als sie hätten sein müssen.

Wie schnell war die CPU jetzt wirklich? Da musste ich einen Blick ins Handbuch werfen und fand dort die Jumper Konstellationen für die Frequenzmultiplikationen auf dem Mainboard.
Ja, richtig, man musste Steckbrücken auf dem Mainboard alles einstellen, ein bequemes BIOS-Menü wie wir es heute kennen gab es damals leider nicht.

Und was ich da sehen musste war erschreckend:
150 MHz CPU bei 75 MHz Busfrequenz, also 75 MHz am Board multipliziert mit 2 ergibt die 150 MHz der CPU.

Und mit dieser Info konnte ich mir dann so einiges erklären …

Auf so einem klassischen Mainboard arbeitete vieles mit einem bestimmten Faktor des Bustaktes, auch Front-Side-Bus (FSB) genannt, und dieser hätte eigentlich 66 MHz sein sollen. Ein Pentium-133 wäre 66 x 2, ein P-166 dann 66 x 2.5 und ein P-200 ergäbe sich durch 66 x 3.

Die Taktik von Cyrix war also, die Daten auf dem Mainboard etwas schneller zu übertragen (75 MHz und nicht die üblichen 66), dann aber die CPU schwächer zu takten (150 MHz und eben nicht 200).

Mit diesem neuen Wissen wurde ich aber neugierig und begann an den Jumpern herumzuspielen. Und als ich die Einstellung eines P-166, also 66 x 2.5 MHz ausprobierte, fand ich heraus, dass die Grafik nun um einiges schneller lief, als vorher.

Hmm … das könnte am “korrekten” FSB von 66 MHz liegen, denn wenn zwischen den Komponenten Daten ausgetauscht werden müssen, so müssen diese synchronisiert werden. Und da PCI mit 33 MHz läuft, ergeben sich bei einem 66 MHz FSB bessere Optionen, als bei 75 MHz.
Meine Grafikkarte, die im PCI Slot steckte, war dann “schneller” beim Verarbeiten von Operationen.

Somit habe ich meine CPU um 16 MHz übertaktet, aber den FSB verlangsamt. Und dieses Verlangsamung brachte wesentlich mehr Vorteile, als wenn man mit 75 x 2.5 auf 187 MHz gekommen wäre.
Auch konnte ich keine Instabilitäten oder Hitze beim Betrieb bemerken.

Fazit

Erkenntnis: Die Feinabstimmung zwischen den Komponenten kann also mehr Leistung bringen, als stumpfes Übertakten der CPU. Im Gegenteil, manche Übertaktungen können sogar zur Leistungsreduktion führen, und zwar ganz ohne Signalinstabilitäten.

Seit mein “P-150 aka PR-200” also ein P-166 geworden ist, hatte ich ein bisschen mehr Spaß mit ihm, und ich hatte wieder etwas gelernt.
Die schnellere Grafik war bei meinen alten DOS-Spielen zwar auch nebensächlich, doch meine eigenen grafischen Programme brachten messbare Verbesserungen ans Licht,

Heute sind zum Glück solche Steck-Aktionen auf dem Mainboard verschwunden. Selbst ein im BIOS falsch getakteter Prozessor ist zumindest bis nach der BIOS Phase im System nutzbar. Das war früher nicht zwingend so, da blieb der Bildschirm gerne auch mal schwarz.

Ansonsten sieht das Mainboard echt alt aus und die breiten Kabel für IDE-Festplatten, CD-ROM und Diskettenlaufwerke machen den Anblick auch leider nicht übersichtlicher.

Und trotzdem hat das Teil einen besonderen Platz in meinem Herzen. Einerseits wegen der seltsamen 150 MHz Taktung und andererseits, weil ich darauf meine ersten besseren VB6-Programme und diverse Assembler Tests schrieb. PC-Mainboard