Es war einmal ... ein Glücksspiel
« | 13 Nov 2022 | »Manchmal erfährt man aus den Medien, was gerade für Skandale ablaufen. Und man wundert sich, wie das Schicksal solche Spinnfäden an Zufällen weben konnte.
… und manchmal passiert so etwas auch im Bekanntenkreis.
Vor vielen vielen Jahren, lange vor meiner Geburt, ging eine fleißige junge Kellnerin in einem kleinen Dorf ihrer Arbeit nach:
Ein Stamperl für den alten Herrn ganz hinten, ein Krügerl für den Apfelbauern und ein Toast Hawaii für den Straßenarbeiter.
Und in der Ecke stand der Einarmige Bandit, der mit dem Flipper in keiner Kneipe dieser Zeit fehlen durfte.
Und was ist so ein Automat ohne seine treuen Spieler?
Die Hersteller und Verkäufer dieser Automaten, die regelmäßig vorbeikamen um das Gerät “zu justieren”, prägten den Spruch:
Erst füttern, dann melken.
Und so war das Glück etwas zu Gewinnen stets von den Besuchen dieser Herrschaften abhängig, die einen Teil der üppig gefüllten Münzenkiste dem Wirt zukommen ließen.
Beim “Füttern” kam häufiger wieder genau das unten raus, was man oben
reingesteckt hatte, was sofort mit einem Bierchen gefeiert wurde.
Beim “Melken” musste die schlechte Laune wegen der “verfüttertem” Münze
ebenso wieder weggebechert werden.
Und so hätte es ewig weiter gehen können, wenn da nicht dieser eine Tag gekommen wäre.
Wer weiß schon noch, ob es eine 3. Zitrone, Kirsche, eine 3. 7
oder ein
anderes Symbol war, was gerade dabei war, einzurasten und mit einem seltsamen
Mechanismus dann unerwartet doch noch eine Stelle weitersprang …
Das war jedenfalls der Augenblick, als die Stimmung kippte.
Die Kellnerin hätte sich diesen Tag niemals gemerkt, hätte der Spieler nicht laut schreiend ein Pistole aus dem Mantel gezogen und damit wild herumgefuchtelt.
Nun, es ist zum Glück sonst nichts weiter passiert, es hatte sich kein Schuss gelöst und es wurde auch nie geklärt, warum der Zivilist überhaupt eine Waffe bei sich trug, doch hörte er nicht auf, den Namen des Herstellers auszustoßen, gefolgt von:
Dieser elende Betrüger! Das lasse ich mir nicht gefallen!
Und aus dieser Absicht schrieb sich fast von selbst “ein gewaschener Brief” gespickt mit Anschuldigungen gegen den Macher des teuflischen Automaten, der nichts anderes im Schilde führen könne, als alle und jeden zu betrügen.
Offenbar war der Brief so prall gefüllt mit kreativen Wortmeldungen, dass der oberste Chef der Herstellerfirma, sich diesen Brief (vermutlich mit einem schadenfrohen Lachen) aufhob und im Nachtkästchen verwahrte, vermutlich um sich jeden Abend vor dem Schlafen gehen daran zu erfreuen.
Wir alle wissen, dass Glücksspielfirmen gerne viel Geld hin und
her verschieben, aber dieses furchtbar ungern versteuern.
Und weil dieses Geld scheu wie ein Reh ist, sieht man es bestenfalls in
weiter Ferne entschwinden, und kein Finanzjäger konnte je eines erlegen.
Unzählige Prüfungen und Durchsuchungen wurden durchgeführt, doch immer passte alles perfekt, kein Verdacht eines Betruges konnte sich erhärten. Und auch bei der Hausdurchsuchung stand jener Firmenchef selbstsicher daneben, als wieder einmal “nichts” über seine einarmigen Banditen gefunden wurde.
Hätte doch bloß niemand in das Nachtkästchen gesehen, wo der üble
Brief verwahrt war. Und obgleich man sonst nichts handfestes finden
konnte, dieser Brief gab den Ermittlern einen Grund.
Nämlich einen Grund zu graben und nicht wie üblich zum nächsten
“Kunden” zu gehen.
Und wenn man nur tief genug gräbt, wird man immer auf etwas Hartes stoßen.
Genau so war es auch, statt der erwarteten Jahresbesuche bei der Firma, fand man unerwartet doch die eine oder andere Unstimmigkeit und wenn das Kartenhaus einmal wackelt, fällt es anderen Beteiligten auch nicht mehr leicht, ruhig zu bleiben.
Am Ende reihte sich die ganze Sache in eine von vielen Firmenpleiten in Österreich ein, die nicht so ganz fair gespielt hatten, die anfangs viel Geld gewonnen und am Ende mehr als alles verloren hatten.
Unser Spieler hatte am Ende doch noch eine ordentliche Portion Schadenfreude gewonnen, wenngleich sie nicht in Münzen ausbezahlt wurde.
Und unsere damalige Kellnerin … sie erzählt gelegentlich noch heute, wie ein einziger zorniger Brief eine ganze Unternehmung zu Fall bringen konnte.
… ihr Jonathan Frakes
In der Serie X-Factor beendete Jonathan Frakes die manchmal wahren, manchmal erfundenen Geschichten immer mit Sätzen wie diesem:
Hat ein Blatt Papier ohne einen einzigen Beweis wirklich eine so große Macht den Lauf der Geschichte zu verändern?
Denken Sie, dass diesmal die Feder mächtiger war als das Schwert, oder haben wir nur zu tief ins Glas geblickt und Unsinn niedergeschrieben?
Und am Ende erfolgt die Auflösung:
Diese Geschichte ist war. So ähnlich hat es sich vor 50 Jahren in einem kleinen Dorf zugetragen.
Und die Kellnerin von damals überlegte in ihrem später in Wien aufgebautem eigenen Geschäftslokal ebenso einen Spielautomaten aufzustellen. Doch davon wurde ihr schnell abgeraten … denn das Automatengeschäft in Wien, so hieß es, war in neue feste Hände gekommen, mit denen “nicht gut Kirschen essen ist”.
… aber das ist eine andere Geschichte.