Mein altes 56K Modem

Was fiel mir heute auf den großen Zeh, als ich im alten Zimmer meiner Jugend ein Regal umräumte?

Mein erster Weg ins Internet: Ein gebrauchtes 56K-Modem.

Dieses Teil war über einen langen Zeitraum meine einzige Möglichkeit gewesen, kleine Datenmengen aus dem Internet zu laden.


Ab dem Jahr 2001 bzw. 2002 startete mein “neueres” Leben in Wien mit einem Breitbandanschluss, doch was war in den Jahren zuvor?

Tja, wenig, denn auf dem Land waren Telefonnetz-Modems die einzige leistbare Methode, ins Internet zu kommen … und trotz ganz anderer Werbeversprechungen kann ich eines beschwören: Ein “Surfen” gab es nie, eher ein träges Schleichen.

Bis vor wenigen Jahren wusste ich nicht, dass das lustige Geräusch, das Modems beim Einwählen machten, in erster Linie der Störungsfindung bzw. Entstörung der Sprachleitung dienten. So konnten die beiden verbundenen Geräte (also mein lokales Modem und die Gegenstelle des Anbieters) feststellen, welche Frequenzen und Geschwindigkeiten besser oder schlechter funktionierten.

Das theoretische Übertragungsmaximum von 56 Kilobit, also 7 Kilobyte pro Sekunde konnte ich nie erreichen. Wenn mal ein Download mit durchschnittlich 5 KB/s lief, war das schon ein Grund für Freudensprünge.

Die überwiegende Zeit musste man sich mit 2 bis 3 KB/s “begnügen”, denn ein “Vergnügen” war das nicht.

Zwar waren Downloads von programmersheaven.com selten größer als 50 bis 100 Kilobytes, doch damals waren Unterbrechungen eben auch keine Seltenheit. Und leider war Werbung in Webseiten auch damals schon weit verbreitet und deshalb durfte man oft mehrere Minuten waren, bis eine Webseite überhaupt angezeigt wurde damit man endlich auf die “Download-Pfeil-Grafik” klicken konnte.
Dann startete zwar der Download, musste sich aber die Leitung mit weiteren HTTP-Requests teilen, die immer noch Grafiken der Webseite im Hintergrund herunterluden.

Immer wieder wurden Sockets einfach von der Gegenseite wegen zu vieler Serververbindungen geschlossen und somit hatte man von 100 KB nur 70 erhalten und wieder 10 Minuten Lebenszeit verloren.

Deshalb gehörte zu jedem Modem-Internet auch ein Download-Manager. Denn die Webbrowser hatten das damals nicht implementiert und ein abgebrochener Download wurde wie ein erfolgreicher im Cache gehalten.
Ein weiterer Klick startete keinen neuen Download sondern lieferte die zwischengespeicherten abgebrochene defekte Datei zurück
… echt super so etwas!

Es dauerte tatsächlich bis ungefähr ins Jahr 2005, bis wir am Land in Richtung Breitband erste zaghafte Angebote vorfinden konnten. Und deshalb war jedes Wochenende bei der Familie für mich internet-technisch eine Qual.

Oft saß ich Freitag Abends lange vor dem PC um Updates, neue Browser oder Treiber in Wien herunterzuladen um sie am Samstag “zu Mama’s PC” mitnehmen zu können.

Dort angekommen wurde eine 10 Meter Telefonkabelverlängerung quer durchs Haus gespannt und der freie Stecker neben dem alten Post-Telefonapparat mit dem Modem verbunden, damit man zumindest ein bisschen nachlesen konnte, was in Webforen tagsüber gepostet wurde.


Programmiertechnisch kam ich mit Modems nur gering in Berührung. Zwar weiß ich, dass die guten AT-Kommandos von ihnen abstammen, doch eben genau diese Geräte habe ich nie damit ferngesteuert.

Einzig eine Kundenanforderung zum Auslesen der eingerichteten Netzwerke über WinINET ließ mich unter Windows ein letztes Mal mit der alten Technologie in Berührung kommen.

Und zwar handelte es sich dabei um InternetQueryOption mit der Anfrage INTERNET_OPTION_PER_CONNECTION_OPTION mit welcher sich Proxy-Einstellungen von VPN- und Modem-Verbindungen auslesen lassen.


Heute ist das alles vorbei … und ich bin nicht sonderlich böse darüber. Eine Zeit lang tarnten sich auch noch UMTS-Sticks mit Modem Interfaces und virtuellen seriellen Ports, doch auch diese Geräte werden heute mehr und mehr als reine Netzwerkschnittstellen - also virtuelle LAN-Adapter - per speziellem Treiber verkauft.

Ein hörbares Einwählen wie damals gibt es gar nicht mehr, weil alle Übertragungsfrequenzen nicht im hörbaren Bereich angesiedelt sind.

Mein liebes und alt-verhasstes 56K-Modem. Lange hast du meinen Durst nach Daten zu stillen versucht und mich dennoch nie vollends befriedigen können. Ich danke dir für deine Geduld und verspreche dir, dich in Ehren zu halten. Erfreue dich an deinem Rentner-Dasein und genieße auch Du die Stille am heutigen Abend.
Tüt-tüt-tüt.

56K Modem